Mehr Automatisierung, schnellere Prozesse und verbesserte Sicherheit – all das ist mit künstlicher Intelligenz (KI) möglich. In der Realität hat allerdings die Hälfte der IT-Manager Schwierigkeiten, ihre KI-Projekte bis 2023 zur Produktionsreife zu bringen.
Denn drei Erfolgsfaktoren sind bei KI-Projekten entscheidend und werden oft unterschätzt: die menschliche Expertise, die Auswahl der richtigen Daten und deren Speicherort, der den aktuellen Datenschutzrichtlinien entsprechen muss. Schon der erste Faktor, die menschliche Expertise, wirft eine kritische Frage auf: Habe ich das richtige Team aus Datenwissenschaftlern, Analysten und Machine-Learning-Ingenieuren, um die KI-Herausforderung zu meistern?
Häufig erzeugt schon die Aufbereitung der Daten unerwartete Aufwände; unter dem Strich zeigt sich, dass etwa 80 Prozent der Arbeit im Zusammenhang mit KI-Projekten in die Datenaufbereitung, -umwandlung und -nachbearbeitung investiert werden.
Darüber hinaus unterschätzen die Datenwissenschaftler oft die Herausforderungen, die mit der Portierung ihrer Lösungen in eine Cloud-Umgebung verbunden sind, sowohl aus technischer als auch aus rechtlicher Sicht. Auch geschäftliche Aspekte sind in diesem Zusammenhang wichtig, wie etwa sicherzustellen, dass man sich nicht an die Umgebung eines bestimmten Cloud-Anbieters bindet.
Unternehmen wie T-Systems stellen zum einen durch ihre KI-Richtlinien sicher, dass KI-Systeme im Einklang mit Unternehmenswerten, ethischen Grundsätzen und gesellschaftlichen Konventionen eingesetzt werden. Zum anderen sorgen wir mit unseren Sovereign Clouds, der Open Telekom Cloud und unserer Google Sovereign Cloud dafür, dass die Datenverarbeitung für KI-Anwendungen in hochsicheren, GDPR-konformen europäischen Rechenzentren erfolgt. Es ist kein Zufall, dass unser CTO, Max Ahrens, Mitglied im Vorstand der Gaia-X-Initiative ist, die sich für eine unabhängige europäische Cloud-Infrastruktur einsetzt.
Experten haben großes Interesse daran herauszufinden, in welchem Ausmaß künstliche Intelligenz die Menschen in der Musik oder Kreativität unterstützen kann.
Die kreativen Fähigkeiten von KI-Algorithmen sind in Kundenprojekten selten ein Thema. Umso spannender war „Beethoven X - Das KI-Projekt“ der Deutschen Telekom. In diesem Projekt vervollständigten Experten mit Hilfe von KI die 10. Sinfonie, die dann vom Beethoven-Orchester in Bonn uraufgeführt wurde. Besonders neugierig war ich auf zweierlei: Wie gut würde das Resultat sein und in welchem Umfang kann KI Musiker und Kreative unterstützen? Wie menschlich ist künstliche Intelligenz?
Das Experiment zeigte, dass KI ohne Menschen nicht auskommt. Vielmehr liegt das Erfolgsrezept im Zusammenspiel von Mensch und Technik. KI kann nur dann einen Mehrwert bieten, wenn sie von menschlichen Experten trainiert und richtig eingesetzt wird. KI kann große Datenmengen extrem schnell verarbeiten, Zusammenhänge erkennen und Fehler finden. Werturteile können aber nur von Menschen getroffen werden – und das zeigt die Grenzen von KI auf. Sie weiß nicht, was sich richtig anfühlt. Oder weiß sie es doch?
Bevor wir tiefer in die Diskussion einsteigen, wollen wir erst einmal beleuchten, welche Technologien zur Verwirklichung von „Beethoven X“ eingesetzt wurden. Die Hauptlast im Projekt trug eine KI-Technik namens „generative KI“. Kurz gesagt, ermöglicht sie die Erstellung völlig neuer und unbekannter Inhalte auf der Grundlage der Daten, mit denen sie trainiert wurde. Dabei kann es sich um Inhalte wie Bilder, Videos, Texte oder – wie in diesem Fall – Musik handeln. Ihre herausragende Eigenschaft ist, dass sie den gewünschten Inhalt sehr schnell und in sehr hoher Qualität generieren kann.
Verbreitete Beispiele dafür sind die Synthese fotorealistischer Bilder, die Erstellung von Marketingbroschüren und Flyern oder die Veranschaulichung von zukünftigen Produkten auf Basis von Skizzen. Darüber hinaus ist die generative KI nach wie vor Gegenstand aktiver Forschung, so dass wir uns auf weitere Einsatzideen freuen können. So hat Google DeepMind erst vor wenigen Wochen das Projekt „AlphaCode“ veröffentlicht, das zeigt, wie aus einer textuellen Beschreibung eines Programms ein perfekt funktionierender Quellcode generiert werden kann.
Trotz all dieser großartigen Entwicklungen ist es aber wichtig, sich vor Augen zu halten, dass die „Kreativität“ der generativen KI ausschließlich aus den Eingabedaten stammt, mit denen das Modell trainiert wurde. Das bedeutet, dass jedes von den Algorithmen erzeugte Ergebnis immer noch Ähnlichkeit mit den Eingabedaten aufweisen wird, anstatt eine völlig neue „Entdeckung“ zu sein. Vielleicht können wir sagen, dass dies zum Glück ein großer Unterschied zur unbegrenzten menschlichen Kreativität ist. Mehrere Grafik- und Videokünstler haben jedoch gelernt, „gemeinsam“ mit der KI kreativ zu sein und neue Meisterwerke zu schaffen, wie es auch Beethoven X gezeigt hat.
Künstliche Intelligenz bildet das Fundament für eine nachhaltigere Zukunft.
Die Meinungen zu KI-Projekten gehen oft weit auseinander. Manche Menschen haben ernsthafte Zweifel an der KI. Aber ist das gerechtfertigt? Vielleicht. Aber man darf nicht vergessen, dass in erfolgreichen Use Cases immer auch emotionale Intelligenz von Menschen beteiligt sein sollte. Daher ist es schwer vorstellbar, dass KI beispielsweise die Kernaufgaben von Pflegekräften übernimmt. Sie kann zwar die Symptome eines Patienten korrekt diagnostizieren, wenn man ihr die richtigen Daten zur Verfügung stellt; sie weiß aber nicht, wie man Empathie zeigt oder ethische und moralische Grundsätze beachtet.
Dieses Muster lässt sich auf KI-Projekte im Allgemeinen übertragen: Ohne Personal mit umfassendem Fachwissen über KI ist es nicht möglich, eine robuste KI-Pipeline auf Produktionsebene zu erstellen, zu verwalten und darüber hinaus den Kontext der KI-basierten Ergebnisse vollständig zu verstehen. Diese Expertise ist besonders wichtig, wenn kleine Pilotprojekte auf unternehmensweite Anwendungen skaliert werden sollen.
Um KI besser zu verstehen, rücken neue technische Entwicklungen in den Vordergrund – allen voran eine Kategorie von Tools namens „Explainable AI“, erklärbare KI. Diese Art von Techniken kann uns helfen zu verstehen, was trainierte Black-Box-Modelle wirklich „denken“. Mit ihrer Hilfe können Experten nachvollziehen, warum ein bestimmtes Ergebnis des KI-Modells erzielt wurde. Das ist besonders wichtig bei sensiblen Anwendungen, bei denen der menschliche Betreiber verstehen muss, welche spezifischen Faktoren das Ergebnis beeinflussen, zum Beispiel bei Empfehlungssystemen für Behandlungen im Gesundheitsbereich.
Darüber hinaus kann erklärbare KI dazu beitragen, deutlich zu machen, dass die
Daten gewisse „Vorurteile“ enthalten. Das bedeutet, dass sie kein ideales Abbild der Informationen sind, die in der realen Einsatzumgebung des Modells auftreten. Diese Voreingenommenheit ist insbesondere dann gefährlich, wenn das KI-System mit personenbezogenen Daten arbeitet. Daher ist es wichtig, dass Datenwissenschaftler sicherstellen, dass das entwickelte System keine Nutzer diskriminiert, zum Beispiel aufgrund von Geschlecht und Alter.
Kürzlich wurde berichtet, dass nur 14,6 Prozent der Unternehmen in der Lage waren, ihre KI-Projekte in Produktionsprozesse zu implementieren. Bedeutet das, dass die meisten KI-Projekte zum Scheitern verurteilt sind? Das glaube ich nicht: Wenn man die richtige Kombination aus Daten, Technologien und Know-how hat, sind die Erfolgschancen hoch. KI-Projekte scheitern oft, weil sie diese Elemente eben nicht haben. Zusätzlich können falsche Fragestellungen, die zu Diskrepanzen zwischen der KI-Analyse und den Geschäftszielen führen, oder mangelnde Reproduzierbarkeit KI-Projekte gefährden.
Wir helfen Ihnen, die technischen Hürden zu überwinden, wenn AI-Lösungen in die Cloud gebracht werden sollen, unter anderem mit Hilfe der AI-Werkzeuge auf der Open Telekom Cloud. Dort bietet ModelArts die Möglichkeit, vorkonfigurierte KI-Modelle direkt aus der Cloud zu nutzen. Und: Im Rahmen der AI Solution Factory Mitte 2022 wird das PaaS-Team von T-Systems eine Telekom Data Science Plattform starten. Diese wird die Entwicklung und den Betrieb kundenspezifischer KI-Modelle in allen gängigen Cloud-Umgebungen erlauben.
Solche Plattformen werden als "Machine Learning Operations Platforms", kurz MLOps, bezeichnet. Wie helfen sie Unternehmen oder Teams von Datenwissenschaftlern dabei, ihre Ziele zu erreichen? Sie nehmen diesen Teams die Last ab, komplexe Cloud-Engineering-Probleme zu lösen. Damit können sie sich auf das konzentrieren, was für ihre Arbeit am wichtigsten ist: die Datenanalyse und der Umgang mit dem KI-Modell. Außerdem ermöglichen MLOPs die Skalierung über so viele Ressourcen wie nötig, wenn die Nachfrage in einer Produktionsumgebung schrumpft oder wächst. Dies ist ein entscheidender Faktor, damit KI-Algorithmen zuverlässige Bestandteile größerer Produktionssysteme werden können.
Denn eine der größten Herausforderungen der KI in der Produktion ist die sogenannte Modellüberwachung. Die Plattformen helfen bei der Beantwortung von Fragen wie "Wie verhält sich mein Modell aktuell, wenn andere Bedingungen herrschen denn zum Zeitpunkt der Modellentwicklung, als die Trainingsdaten ein anderes Umfeld vorgegeben haben?" Bei Bildverarbeitungsmodellen kann dies durch veränderte Wetterbedingungen, Sichtverhältnisse oder Schwankungen in der Art der im Modell erkannten Objekte verursacht werden. In solchen Fällen kann die Telekom Data Science Platform zum Beispiel einfach automatische "Re-Training"-Routinen auslösen, bei denen das Modell automatisch auf die neuen, vom System wahrgenommenen Normalbedingungen neu kalibriert wird.
Viele Menschen haben noch Vorbehalte gegenüber künstlicher Intelligenz. Doch KI ist bereits Teil unseres Lebens und entlastet uns an vielen Stellen. Jede Websuche, jede Spracherkennung, jede Bildanalyse enthält KI – sie arbeitet unbemerkt und hilfreich im Hintergrund. Manchmal ist KI sogar Teil von „Lösungen“, die uns sehr nahe sind: zum Beispiel bei der Unterstützung eines medizinischen Eingriffs, wie dem Einsetzen einer Prothese.
KI kann einen erheblichen Mehrwert schaffen, den wir ohne sie nicht erreichen würden. Sogar in Bereichen, die wir uns nie hätten vorstellen können – wie etwa die Vollendung musikalischer Meisterwerke. Man kann also weiter fragen: Wie viel KI ist erlaubt? Wo braucht sie menschliche Regulierung?
Auch wenn diese Frage schwer zu beantworten scheint – Regulierungen der KI sind bereits auf dem Weg. Die prominenteste Regelung, die in Deutschland in Kraft treten wird, ist ein von der Europäischen Union vorgeschlagener Rechtsrahmen. Wenn die Verordnung in Kraft tritt, werden KI-Algorithmen in verschiedene Risikokategorien eingeteilt, die dann entsprechenden Bewertungen unterzogen werden müssen, um zu beweisen, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Darüber hinaus werden KI-Systeme, die in die höchste Risikokategorie eingestuft werden und Software enthalten, die Menschen Schaden zufügen oder soziale Bewertungen vornehmen kann, in der EU vollständig verboten.
Der Zeitplan für das Inkrafttreten der Verordnung ist derzeit noch unklar, aber Unternehmen, die planen, ihre KI-basierten Produkte in Zukunft auf den Markt zu bringen, sollten bereits jetzt Vorkehrungen treffen und prüfen, ob sie mit dem kommenden Rechtsrahmen konform sind.
Um auf das ursprüngliche Thema des Artikels zurückzukommen – eines ist klar: Wenn wir uns an einheitliche internationale Regeln für den Einsatz von KI halten, können wir durch die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI weitere “Meisterwerke” schaffen, sowohl heute als auch in Zukunft. Mit KI können wir auch die Grundlagen für eine nachhaltigere Zukunft schaffen – sei es durch die Optimierung von Industrie und Wirtschaft, ein effizienteres Energiemanagement oder auch eine intelligente Emissionsüberwachung. Und damit erzeugt KI Mehrwerte, die jedem Menschen auf diesem Planeten zugutekommen.