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Visuelle Grafik eines Autos aus miteinander verbundenen Punkten und Strichen.

Bereit für den digitalen Autofahrer?

Vom Auto der Zukunft erwartet der Nutzer auch die Funktionalitäten des Smartphones.

26. August 2020Oliver Bahns

Neue Plattformen für das Auto der Zukunft bauen

Autonutzer verstehen ihr Fahrzeug verstärkt als Teil ihres digitalen Servicesystems. Sie wollen alle Dienste „an Bord“ bruchfrei nutzen. Eine Herausforderung für die Automotive-Hersteller, aber auch eine einmalige Chance. Welche Komponenten sind notwendig, um eine Plattform für das Fahrzeug der Zukunft zu bauen, die die Bedürfnisse verschiedener Nutzer abbildet?

Zurück in die Gegenwart

Rotes fahrendes Auto rechts im Bild, links vorbeifahrende Autos und ein Wifi-Symbol

Beim letzten Post habe ich recht tief in die automobile Visionskiste gegriffen. In diesem Post versuche ich, wieder auf dem Boden der Tatsachen zu landen und die Zukunft der vernetzten Mobilität von heute aus zu entwickeln. Ich möchte dabei zwei Perspektiven zusammenführen: zum einen die Trends, die den Markt gestalten – oder mit anderen Worten: Was wollen die Fahrzeugnutzer, was erwarten sie von ihrem nächsten Wagen? Zum anderen will ich einen Blick darauf werfen, wohin sich die Autos entwickeln müssen. Heißt: Welche Technologien und Konzepte brauchen Automobilhersteller für ihre Produkte? 

Lassen Sie uns zuerst einen Blick auf die Automobilnutzer werfen. Denn ihren Ansprüchen müssen die Autos der Zukunft genügen. 

Der “always on“-Autonutzer 

Vor einigen Jahren machten Untersuchungen die Runde, wonach vor allem junge Menschen zunächst ans Smartphone dachten, wenn man sie auf Mobilitätslösungen ansprach – anstatt mit „Auto“ zu antworten. Zugegeben, diese Erkenntnis hat inzwischen Staub angesetzt, aber inmitten der Staubschicht glitzert das berühmte Körnchen Wahrheit: Die Maxime lautet nicht „Smartphone statt Auto“, sondern „Smartphone plus Auto“, wie die WELT schon 2013 schrieb. Oder vielleicht noch besser: das „Auto als Smartphone“. 

Ausgehend von dieser Hypothese sehen wir diese Entwicklungen auf Kundenseite:

  • Automobilnutzer sind zukünftig immer online. Sie wollen mit dem Service-Ökosystem ihrer Wahl in Verbindung bleiben. Dieses erstreckt sich über Kategorien verschiedener Endgeräte und Touchpoints hinweg.
  • Sie wollen Services (im und außerhalb ihres Wagens) ohne großes Brimborium nutzen – und zwar sofort. Bezahlt und genutzt wird „on Demand“.
  • Sie sind hin- und hergerissen zwischen zwei Polen: Zum einen wollen sie hochintegrierte Dienste, zum anderen Sicherheit und Privatsphäre. Das Pendel schwingt aus unserer Sicht aber zu ersterem. Usability und Einfachheit sind starke Hebel für eine breite Akzeptanz von Lösungen.
  • „Den“ Autofahrer der Zukunft gibt es nicht mehr. Wir haben es mit ganz unterschiedlichen Klientelen zu tun: den klassischen Fahrern, Passagieren, Flottennutzern und Mobility-as-a-Service-Fans. Und alle haben individuelle Ansprüche an das Auto. In den verschiedenen Regionen der Welt unterscheiden sich die Wünsche: So ist für zwei Drittel der Autokäufer in China ein Connected Car, also die Vernetzung, aktuell ein essenzielles Kaufkriterium, in Deutschland gerade mal für ein Viertel. 
  • Bei all den Veränderungen hat eines doch Bestand: Gerade im Premium-Segment bleibt ein hochwertiges Auto der Schlüssel zum Erfolg.

Das Auto als Teil der digitalen Welt

Virtuelles Auto wird von einem Tablet gesteuert

Zusammenfassend: Digitale Dienste werden zu Kaufkriterien für das Auto. Das bestätigt u.a. auch eine Bitkom-Studie: Wir müssen lernen, das Auto mehr als ein vernetztes Device innerhalb eines Verbunds von Endgeräten zu verstehen. Es muss so einfach zu nutzen sein wie ein Smartphone und es braucht dieselbe Funktionalität. Und denselben Ökosystem-Ansatz. Klingt das jetzt nach Manager-Sprech? 

Dann hilft ein Beispiel: Wenn ich auf meinem iPhone eine neue App installiere, dann möchte ich sie möglicherweise auch auf meiner iWatch nutzen. Dazu brauche ich keinen großen Installationsvorgang. Ein simpler Knopfdruck reicht, um die App auch auf meiner iWatch zu nutzen. Stellen Sie sich nun vor, Sie ersetzen die iWatch durch Ihr Auto. Würden Sie sich nicht auch wünschen, dass es so einfach wäre, die iPhone-App ins Auto zu bringen? 

Statt den Nutzer in seiner App-Welt abzuholen, bieten Automotive-OEMs aber ihr eigenes abgeschlossenes Ökosystem. Warum jedoch sollte der Käufer noch viel Geld für ein Navigationssystem ausgeben, wenn er auch ganz einfach die leistungsfähige Navi-App seines Smartphones kostenlos nutzen kann? Alle Services des volatilen App-Universums wie TikTok & Co sind auf dem Mobiltelefon einfach verfügbar. Das Auto bleibt außen vor und verharrt auf seinem Evolutionsstatus als Fortbewegungsmittel.


„Die Gretchenfrage lautet: Könnte sich eine „neue Einfachheit“ der digitalen Nutzung im Auto letzten Endes nicht als ein Wettbewerbsvorteil erweisen?“

Oliver Bahns, Senior Vice President Connected Mobility, T-Systems, Digital Solutions

Das software-definierte Auto

Die Antwort klingt einfach: Auf zum software-definierten Auto! Die Differenzierung und ein erheblicher Teil des Mehrwerts eines Autos entstehen zukünftig auf der virtuellen/digitalen Ebene.

Sechs Voraussetzungen sind dafür relevant:

  • Automobilhersteller müssen Anwendungen und Dienste von den zugrunde liegenden Technologien und der Hardware trennen. Damit entsteht eine flexible Basis für die weiteren Entwicklungen der Zukunft. Das ist im Übrigen genau das Konzept, das die IT-Branche schon vor Jahren unter dem Stichwort Virtualisierung erfolgreich eingeführt hat. 
  • Unabhängigkeit von physischen Komponenten: Funktionen in Fahrzeugen, Telco Edge und Cloud Backend sind vollständig software-definiert und basieren auf einem konsistenten Technologie-Stack für vernetzte Autos. 
  • Alle Fahrzeugsysteme stehen für Software-Updates und Content-Streaming wie Medien, Karten, Spiele, neue Funktionen usw. zur Verfügung.
  • Fahrzeugflotten „kollaborieren“ mit der Umgebung. Dazu zählen die Infrastruktur, aber auch andere Autos. Die V2X-Kommunikation – mit der sich Fahrzeuge über das Internet mit allem verbinden können – braucht eine erweiterte Sensorfreigabe, -fusion und Situationserkennung, vor allem aber verbindliche Industriestandards. Auf dieser Basis kann ein Automotive-Ökosystem entstehen, das die Bezeichnung „Ökosystem“ verdient.  
  • Human-Machine-Interfaces (HMI) verbinden die Verwendung des Autos mit der Nutzung sonstiger digitaler Dienste: Digitale Assistenten und personalisierte Dienste werden bruchfrei möglich. Eine wichtige Basis für solch nutzerfreundliche HMIs ist die biometrische Identifikation. 
  • Fahrzeugressourcen und -dienste werden nach Bedarf und zeitlich begrenzt freigeschaltet. Autos haben einen einheitlichen Kernel, der durch zusätzliche Rechen- und Serviceressourcen aus externen Quellen wie Cloud oder Edge ergänzt wird

​​​Die Plattform für das Auto der Zukunft

Digitalisierung ist überall: Vernetzte Verbraucher erwarten vernetztes Fahren. Vernetztes Fahren bedeutet Integration der „Autozeit“ in die „Lebenszeit“ außerhalb des Autos. Eine intelligente Fahrzeugplattform muss diese Aufgabe meistern. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung des Wagens. Zukünftige vernetzte Fahrzeugplattformen werden zu 360-Grad-Serviceplattformen. Sie sind die Basis für eine Fülle verschiedener Dienste – die auch über das Auto selbst hinausgehen. Zunächst werden individueller Kundendienst, Flotten- und individuelles Fahrzeugmanagement abgedeckt. Dazu pflegen sie die Kundenbeziehung und bieten einen Feature-on-Demand-Marktplatz. Zuletzt bieten sie den Zugriff auf Ökosystemdienste von Automobilherstellern und Drittanbietern. Sie werden zu einer digitalen Kundenschnittstelle, einem In-Car-Shop, der zu verschiedenen Angeboten führt und das Design neuer Geschäftsmodelle erlaubt. 

„Im nächsten, abschließenden Post dieser Serie, will ich einen Blick hinter die Kulissen werfen: 

Welche Komponenten und welche Architektur sind notwendig, damit OEMs ihren Kunden eine solche Plattform anbieten können?“

Zur Person
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Oliver Bahns

Senior Vice President Connected Mobility, T-Systems International GmbH

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