Stellwerke sind das zentrale Nervensystem des Schienenverkehrs: Hier laufen alle wichtigen Informationen zusammen, müssen die zentralen Entscheidungen getroffen und alle Bewegungen der Züge koordiniert werden. In Deutschland sind allerdings etliche reif fürs Museum und sollen durch moderne Varianten ersetzt werden. Mit T-Systems und Hitachi Rail lassen sich diese auch digital in der souveränen Cloud aufbauen.
Stellwerke steuern die sogenannten dezentralen Objekte in der Fläche – und damit Weichen, Schranken oder Signale. Allein in Deutschland sind rund 4.000 Stellwerke im Einsatz. Dabei gibt es ein Nebeneinander unterschiedlicher Stellwerktypen. Darunter mechanische Varianten, bei denen die Mitarbeitenden die Signale und Weichen noch mit Hebeln bedienen. So zum Beispiel im Bahnhof Thale im Harz, wo eines der ältesten noch in Betrieb befindlichen Stellwerke Deutschlands aus dem Jahr 1897 genutzt wird. Daneben existieren elektromechanische, elektronische und einige wenige digitalisierte Stellwerke. Gerade die älteren Technologien, die noch weit verbreitet sind, sind störungsanfällig und verursachen immer wieder Ausfälle. Sie müssen Zug um Zug erneuert werden, aber erst digitale Stellwerke setzen für die Digitalisierung der Bahn das Signal auf Grün. Denn mit ihnen können Züge schneller und in kurzen Abständen im Deutschlandtakt fahren.
Das europaweit erste digitale Stellwerk (DSTW) wurde am 19. Januar 2018 im sächsischen Annaberg-Buchholz Süd in Betrieb genommen. 2019 ging darauf in Rostock-Warnemünde das erste DSTW im Fernverkehr in Betrieb. Im Endausbau sollen 280 digitale Stellwerke das 33.400 Kilometer lange Streckennetz in Deutschland steuern. Sie werden die Stellbefehle digital über Hochleistungs-Glasfaserkabel an Gleise, Weichen und Signale übermitteln. Gemeinsam mit dem europaweit einheitlichen Zugsteuerungssystem European Train Control System (ETCS) kann die Bahn mit den digitalen Stellwerken alle Daten von Infrastruktur und Fahrzeugen dann intelligent vernetzen.
Laut Aussagen der Deutschen Bahn können bei einem digitalisierten und harmonisierten System auf der vorhandenen Infrastruktur bis zu 30 Prozent mehr Züge fahren. Bahnen kommen dann auf offener Strecke nicht mehr zum Stehen, sondern sind dank Vernetzung mit einer angepassten Geschwindigkeit in den freien Streckenslots unterwegs. Auf diese Weise lässt sich der Bau weiterer Gleise vermeiden und dennoch mehr Verkehr auf die Schiene verlagern. Hinzu kommt, dass die einheitliche Stellwerktechnik die Verwaltung und Wartung erleichtern wird und hilft, den Fachkräftemangel bei der Bahn einzudämmen. Denn digitale Stellwerke brauchen weniger Personal und bei Engpässen kann eines für ein anderes einspringen. Zudem muss der öffentliche Verkehr digitaler werden, wenn wir mehr Klimaschutz erreichen wollen und die Mobilitätswende gelingen soll. Digitale Stellwerke bieten somit auch für das Projekt „Digitale Schiene“ einen wichtigen Hebel.
Wenn wir mehr Klimaschutz erreichen wollen und die Mobilitätswende gelingen soll, muss der öffentliche Verkehr digitaler werden. Digitale Stellwerke bieten dafür einen wichtigen Hebel.
Stephan Kaulbach, Chief Technology Officer im Bereich Public Transport bei T-Systems
Ein Stellwerk reguliert den Verkehr in einem bestimmten Umkreis, der je nach Technik stark variiert. Während ein mechanisches Stellwerk einen maximalen Radius von weniger als 2 Kilometern abdeckt, erreicht ein elektronisches Stellwerk (ESTW) bis zu 12 Kilometer. Mit dem digitalen Stellwerk sind sogar Reichweiten zwischen 50 und 100 Kilometern möglich. Um diese Aufgabe zu erfüllen, muss es nicht zwingend draußen an den Zugstrecken stehen. T-Systems trennt dafür die Businesslogik von den Steuerungskomponenten. Heißt: Was in der Fläche bleiben muss, bleibt in der Fläche. Aber das gilt nur für Weichen, Schranken und Signale. Die eigentliche Steuerung verlagern wir in unsere T Cloud. Gemeinsam mit unserem Industriepartner Hitachi Rail garantieren wir, dass wir mit der Cloudvariante dasselbe Sicherheitsniveau wie die derzeitigen herkömmlichen Lösungen bieten können. Wir kümmern uns um den Schutz vor Cyberangriffen (Security) und sorgen für die Sicherheit der Reisenden (Safety).
Wenn die Stellwerksysteme in der Cloud harmonisiert und rationalisiert werden, reduziert das nicht nur die Komplexität für die Bahn. Vier weitere Argumente sprechen für die Cloudvariante.
T-Systems entwickelt seit vielen Jahren transformative Lösungen im öffentlichen Personenverkehr. Als Public Transport-Experten unterstützen wir die digitale Bahninfrastruktur mit maßgeschneiderten IT-Lösungen und sorgen mit IoT-fähigen Sensoren, Echtzeit-Analysen sowie prädiktiver Instandhaltung für eine zuverlässigere Schieneninfrastruktur. Unsere T Cloud bildet dafür die Grundlage: eine souveräne, hochverfügbare und sichere Cloud-Umgebung, die gewährleistet, dass sensible Daten der Infrastruktur und des Betriebs innerhalb der nationalen und europäischen Grenzen bleiben - ein entscheidender Faktor bei kritischen Infrastrukturen wie dem Schienennetz. Gleichzeitig sichern wir die Einhaltung von nationalen und EU-Regularien wie der DSGVO, stärken die technologische Autonomie von der Bahn und verkleinern geopolitische Risiken. Gemeinsam mit unserem Partner Hitachi Rail treiben wir auch die Digitalisierung der Stellwerke voran – mit klarem Fokus auf Innovation, Sicherheit und digitale Souveränität.