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Ein Arzt greift über ein cloudbasiertes Netzwerk auf elektronische Krankenakten zu

Cloud als Digitalisierungswerkzeug für Unikliniken

Am Limit: Modellvorhaben § 64e SGB V zur Genommedizin braucht Rechen- und Speicherressourcen

20. September 2024Florian Chrometz

Experten-Einblick: Dr. Lennart Jahnke, CDO Uniklinik Freiburg

Die Digitalisierung wird immer mehr zu einem wichtigen Instrument für Innovation im Gesundheitssektor. Dr. Lennart Jahnke, der CDO des Universitätsklinikums Freiburg, erläutert, was Digitalisierung bereits heute leistet und wo die Reise hingehen kann. Auch die Cloud spielt dabei eine wichtige Rolle.

Hochqualitative medizinische Versorgung und Forschung unter einem Dach

Das Universitätsklinikum Freiburg ist eine Top-Adresse in der deutschen Krankenhauslandschaft. Mit 15.000 Mitarbeitenden, knapp einer Million Patientenkontakten und etwa 2.050 Betten gehört Freiburg zu den größten deutschen Kliniken. Wer hier behandelt wird, ist in guten Händen. „Qualitätszentrierte universitäre Spitzenmedizin“ ist der Anspruch der Uniklinik. Das bedeutet für die Patienten: Spitzenqualität in der Gesundheitsversorgung. Die aktuelle Focus-Klinikliste vom Oktober 2023  bestätigt den Anspruch: Hier kommt das beste baden-württembergische Krankenhaus bundesweit auf den vierten Platz. Bekannt ist die Einrichtung vor allem für die Behandlung von Leukämie, Schlaganfällen und Lungentumoren.

Neben der medizinischen Versorgung haben Universitätskliniken aber einen zweiten wichtigen Auftrag, der über die Grenzen des eigenen Hauses hinausreicht: Für die Forschung werden Erkenntnisse aus der Patientenbehandlung geteilt und dienen so der langfristigen Verbesserung der medizinischen Versorgung.

Digitalisierung unterstützt medizinische Versorgung

Eine medizinische Fachkraft, die auf ein elektronisches Patientendatensystem zugreift.

Das medizinische Personal wird bei seinen Aufgaben von einer leistungsstarken IT unterstützt. „Der Stellenwert der Digitalisierung bei uns im Haus ist hoch und wir sind bereits ein ordentliches Stück Weges gegangen“, erläutert Dr. Lennart Jahnke, der Chief Digital Officer (CDO) der Uniklinik Freiburg, „mit digitalen Werkzeugen entlasten wir das Fachpersonal, unterstützen Forschung und Patientenversorgung“.

Digital Workflows – Best-of-Breed-Strategie

So werden beispielsweise Medikamente ausschließlich über digitale Workflows verschrieben, auch die Patientenversorgung auf den Stationen wird komplett digital abgewickelt. „Die IT im Krankenhaus orientiert sich sehr stark an den Bedürfnissen der verschiedenen Nutzer. Sie muss zu den spezifischen Prozessen, den Menschen und den Räumlichkeiten passen, damit sie die Arbeitsabläufe optimal unterstützt. Wir setzen dafür auf eine Best-of-Breed-Strategie. Einige Applikationen haben wir auch selbst entwickelt, beispielsweise für das Patientenmanagement und die Abrechnungen.

Historisch gewachsene IT-Landschaft prägt die Situation

So entstand eine sehr diverse IT-Landschaft, in der einige Systeme guten Gewissens als „Legacy“ bezeichnet werden können – sie werden schon seit 10 oder gar 20 Jahren betrieben“, fasst der CDO die Situation zusammen. „In den nächsten Jahren werden wir einige davon ablösen müssen – wenn sie den Ansprüchen nicht mehr genügen. Die größte Herausforderung dabei ist, dass wir die in den Systemen gesammelten Erfahrungen und Best Practices beim Umstieg auf moderne Lösungen nicht verlieren“.

Der Platz für IT-Ressourcen im Krankenhaus ist begrenzt, mehr noch: Die Kapazitäten für Stromversorgung und Abwärme-Management sind limitiert und nicht für HPC dimensioniert.

Dr. Lennart Jahnke, CDO, Universitätsklinik Freiburg

Rahmenbedingung der IT-Modernisierung: Erhalt der medizinischen Erfahrung

In diesem Transfer sieht der CDO eine der größten Herausforderungen bei der Modernisierung der Applikationslandschaft in Krankenhäusern. Für ihn aber kein Grund, den Blick nicht nach vorne zu richten: „Wir haben gute Erfahrungen mit der Modernisierung der IT bzw. der Digitalisierung gemacht und wir behalten die Entwicklungen im Blick – unser Anspruch ist es auch hier, vorne zu bleiben. Das bedeutet nicht, dass wir Digitalisierung um der Digitalisierung willen betreiben. Digitale Werkzeuge müssen uns neue Möglichkeiten und Mehrwerte verschaffen, z.B. um das medizinische Fachpersonal von administrativen Tätigkeiten zu entlasten, so dass mehr Raum für ihre Kernaufgabe bleibt: die Versorgung der Patienten. Oder auch um neue Optionen für Diagnostik und Therapie zu erschließen“, weiß Jahnke. Von der dadurch steigenden Qualität der medizinischen Versorgung profitieren letzten Endes natürlich die Patienten.

Digitale Innovation in Freiburg

Aber welche Vorhaben stehen für den CDO auf der Agenda? „Aktuell beschäftigen wir uns mit dem Thema Qualitätssicherung in Echtzeit“. Im traditionellen Modell des Erfahrungsaustauschs innerhalb der medizinischen Forschung vergehen lange Zeiträume. Patienten werden behandelt, die Erkenntnisse in wissenschaftlichen Papieren dokumentiert und dann mit der Community geteilt. Bis die gewonnenen Erfahrungen in den Regelbetrieb einfließen, vergeht so geraume Zeit. Mit moderner IT soll sich das ändern: „Medizinisches Wissen soll schneller für die Behandlung von Patienten zur Verfügung stehen, beispielsweise direkt im OP“.

Lebendige medizinische Bibliothek im OP

Wie soll das gehen? „Mit einer Kombination von Sensorik und Künstlicher Intelligenz (KI) beispielsweise. Die Vision ist, eine Art digitalen OP-Assistenten aufzubauen, ähnlich einem Spurhalteassistenten im Auto. Das medizinische Personal hat die Kontrolle über den Eingriff, wird aber bei handwerklichen und administrativen Tätigkeiten unterstützt“. Mithilfe von Kameras und Mikrofonen hört sowie sieht die KI mit und gibt Tipps in verschiedenen Phasen des Eingriffs wie ‚Jetzt Klemme entfernen‘. Das Fachpersonal erhält über die KI-Zugriff auf das gesammelte Erfahrungswissen ganzer Medizinergenerationen – eine lebendige Bibliothek direkt im OP sozusagen. Die KI kann darüber hinaus die Behandlung dokumentieren, sogar mit Videos, die wiederum in Forschung und Lehre verwendet werden können und deutlich bessere Einblicke als purer Text verschaffen.

Digitale Zwillinge von OP-Sälen im Metaverse

Jahnke nennt ein zweites Beispiel, das die Mehrwerte digitaler Werkzeuge veranschaulicht: „Schockräume und OP-Säle sind knappe Ressourcen im Krankenhaus und entsprechend stark ausgelastet. Doch sie werden eben nicht nur für Behandlungen, sondern auch für die Ausbildung benötigt. Mit realistischen virtuellen Abbildern der Räume können diese Engpässe in der Ausbildung behoben werden. Hierfür eignen sich immersive Metaverse-Technologien“.

Modellvorhaben Genomsequenzierung § 64e SGB V

Daneben entstehen Innovationsthemen aber auch außerhalb des Krankenhauses. Ein aktuelles Thema der Spitzenforschung ist das Modellvorhaben § 64e SGB V zur Genommedizin. Im Rahmen des Modellvorhabens soll in den nächsten Jahren erprobt werden, wie sich Genomsequenzierungen in die Gesundheitsversorgung integrieren lassen. Experten befürworten den Einsatz vor allem in der Onkologie sowie bei der Diagnose und Therapie seltener Krankheiten. Die Uniklinik Freiburg ist Teil des Modellvorhabens. Das Projekt erzeugt seine ganz eigenen Anforderungen an die Klinik-IT.

Rasant wachsende Datenmengen

„In diesem Projekt erwarten wir in den nächsten fünf Jahren etwa 500 TB an Rohdaten aus den Genomsequenzierungen“, erklärt Jahnke, „diese Daten müssen gespeichert und auch gegebenenfalls schnell ausgewertet werden – wobei weitere Daten entstehen“. Aus IT-Sicht ein typisches High-Performance-Computing-Szenario (HPC), das temporär hohe, spezialisierte Rechenressourcen wie GPUs benötigt. „Hier stoßen wir an unseren Grenzen“, so Jahnke. Warum? „Der Platz für IT-Ressourcen im Krankenhaus ist begrenzt, mehr noch: Die Kapazitäten für Stromversorgung und Abwärme-Management sind limitiert und nicht für HPC dimensioniert“. Zudem muss sich das Uniklinikum die Frage stellen, ob es im Rahmen des Modellvorhabens als Krankenhaus ein HPC-Anbieter werden will.

Cloud als Alternative

Eine elegante Alternative könnte der Einsatz der Cloud sein. „Mit der Cloud wären wir in der Lage, schnell und einfach zu skalieren, d.h. wir haben Zugriff auf Kapazitäten für Datenprozessierung und -speicherung, ohne dass wir diese selber managen oder entsprechendes Know-how aufbauen müssen“.

Die Uniklinik kann so schnell mit dem Modellvorhaben durchstarten, ohne durch Investitionsprozesse ausgebremst zu werden. Wichtig ist für den CDO aber beim Cloud-Einsatz, dass die externen Ressourcen so integriert werden, dass sie als „unsichtbare“ Erweiterung der Inhouse-Kapazitäten fungieren – und dass die User Experience stimmt. Das Fachpersonal darf von den zusätzlichen Ressourcen „unter der Motorhaube“ nichts merken und sie lediglich als Teil des Sequenzier-Service konsumieren – wenn sie nötig sind. „Darüber hinaus ist natürlich wichtig, dass die Cloud für diesen Einsatz in einem hochregulierten Umfeld auch die spezifischen Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit erfüllt. Anderenfalls ist deren Einsatz nur schwer vorstellbar“.

Souveräne Cloud passt perfekt

Das Modellvorhaben wird unter diesen Rahmenbedingungen zu einem Projekt par excellence für den Einsatz einer souveränen Cloud. Sie kann mit ihrer eingebauten Datensouveränität Digitalisierung und Compliance-Anforderungen einfach verknüpfen. Das beschleunigt die Umsetzung des wegweisenden Projekts maßgeblich.

Sie wollen mehr über den Einsatz der Cloud für das Modellvorhaben erfahren? Weitere Informationen über die Genomsequenzierung im klinischen Umfeld und den Einsatz der T-Systems Sovereign Cloud powered by Google Cloud bieten der Webinar-Mitschnitt „Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud“ mit Dr. Lennart Jahnke und weiteren Experten und das Expert Paper: „Genomsequenzierung aus der Cloud“.

Webcast: Genomsequenzierung in der souveränen Cloud

Erfahren Sie mehr über die Genomsequenzierung im klinischen Umfeld und den Einsatz der T-Systems Sovereign Cloud powered by Google Cloud im Webinar-Mitschnitt „Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud“ mit unter anderem Dr. Lennart Jahnke.

Über Dr. Lennart Jahnke

Portrait von Dr. Lennart Jahnke, CDO, Universitätsklinik Freiburg

Dr. Lennart Jahnke promovierte in Physik an der Universität Heidelberg. Er begann seine Karriere als Medizinphysikexperte, bevor er Chief Digital Officer (CDO) am Universitätsklinikum Mannheim wurde. Anschließend leitete er die IT am Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen. Derzeit ist er CDO am Universitätsklinikum Freiburg und fokussiert sich auf die Digitalisierung und die Entwicklung interoperabler Systeme. Dr. Jahnkes Arbeitsschwerpunkte liegen in der strategischen Planung und Umsetzung digitaler Transformationsprozesse, dem Management von Veränderungsprozessen sowie der Verbesserung des Datenaustauschs im Gesundheitswesen. Durch seine Expertise trägt er maßgeblich zur Modernisierung der Softwarearchitektur am Universitätsklinikum Freiburg bei. Sein Engagement für innovative Lösungen verbessert die Patientenversorgung und steigert die Effizienz des Klinikbetriebs.

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Portait von Florian Chrometz, Senior Cloud Solution Architect, T-Systems International

Florian Chrometz

Senior Cloud Solution Architect – Google Cloud, T-Systems International

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