Generative KI bietet herausragende Perspektiven für eine bessere Interaktion mit Servicenutzern, bspw. Mitarbeitern in Vertriebsschulungen. Das AWS-Team von T-Systems hat für einen europäischen OEM ein neues Teammitglied geschaffen – einen auf GenAI basierenden Verkaufstrainer. Der Schulungsavatar ermöglicht eine sehr flexible Gestaltung des Verkaufstrainings und hilft dem Kunden, Kosten zu sparen.
ime to Market ist ein wichtiges Thema für die Automobilindustrie. Denn neue Modelle, die besser auf die Anforderungen von Kunden und Fahrern abgestimmt sind, verschaffen den OEMs einen Wettbewerbsvorteil. Der Trend, neue Prozesse und Technologien einzusetzen, führt dazu, dass immer schneller und häufiger neue Fahrzeugmodelle angeboten werden. Jenseits des „normalen“ Wettbewerbs um Marktpotenziale vollzieht sich in der gesamten Automobilindustrie zurzeit eine grundlegende Umstellung auf softwaregestützte Elektrofahrzeuge. Der Anteil digitaler Komponenten an der Wertschöpfung in Fahrzeugen nimmt kontinuierlich zu.
Welche Instrumente können OEMs zusätzlich zu Markt- und Datenanalysen nutzen, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen? 2024 stehen hier vor allem künstliche Intelligenz und insbesondere GenAI im Fokus. „Für das Vertriebsteam eines europäischen OEMs haben wir ein KI-gestütztes Tool entwickelt, das die GenAI-Funktionen von AWS nutzt“, sagt Artur Schneider, AWS-KI-Experte bei T-Systems.
GenAI ist ideal, um innovative, interaktive Schulungsformate effizient umzusetzen. Mit dem in der AWS-Cloud kreierten Avatar haben wir eine leicht reproduzierbare Lösung für Vertrieb und Marketing geschaffen.
Die Beschleunigung der Automobilentwicklung hat nicht nur Auswirkungen auf die Produktion, sondern auch auf Marketing und Vertrieb. Die steigende Zahl der Modelle, die vielfältigen Individualisierungsmöglichkeiten und Fahrzeugspezifikationen stellten den Vertrieb eines europäischen OEM vor eine große Herausforderung: Wie können sich Vertriebsmitarbeiter in Bezug auf Informationen und Details zu neuen Fahrzeugmodellen auf dem Laufenden halten?
Traditionelle Präsenzschulungen sind mit hohen Reisekosten und logistischen Herausforderungen verbunden. Aber auch für die Durchführung von Online-Schulungen beispielsweise ist es schwierig, Trainer zu finden. Gleichzeitig haben die verschiedenen Vertriebsmitarbeiter unterschiedlichen Schulungsbedarf, den der OEM mit Standardschulungen nicht decken konnte. So ist es bei Videoschulungen nicht möglich, Fragen zu stellen und direkt Antworten zu erhalten.
Das Ziel war, ein interaktives, intensives Lernerlebnis mit individuellen Inhalten zu Produkten und Verkaufsmethoden zu schaffen, das es jedem Mitarbeiter ermöglicht, seine individuelle Schulung zu absolvieren. Gleichzeitig wünschte die Vertriebsleitung, dass sich das Schulungsprogramm einfach und effizient organisieren lässt. Die Einführung eines neuen Fahrzeugmodells sollte genutzt werden, um die Eignung der künstlichen Intelligenz für die Schulungen zu testen.
„Um ein möglichst realistisches und persönliches Schulungserlebnis zu schaffen, haben wir gemeinsam mit dem OEM einen digitalen Avatar entwickelt. Er übernimmt in den Schulungen die Rolle des Trainers und vermittelt den Teilnehmern das notwendige Wissen über das neue Modell“, erläutert Artur Schneider den Lösungsansatz.
Die Lösung besteht aus mehreren Komponenten. Der Avatar selbst wird in der Unreal Engine ausgeführt, während sich die leistungsstarke Cloud-Plattform von AWS um den Rest kümmert. Zunächst ist die AWS-Cloud hochgradig skalierbar, das heißt, sie kann entsprechend den Schulungsanforderungen konfiguriert werden und insbesondere die erforderlichen GPU-Ressourcen für den Betrieb eines KI-Avatars zur Verfügung stellen. Darüber hinaus bietet AWS auch eine Fülle von gebrauchsfertigen Tools für die Verarbeitung natürlicher Sprache und KI-Werkzeuge, die sich leicht in funktionale Lösungen integrieren lassen: Amazon Transcribe wandelt Sprache in Text um, Amazon Polly wandelt Text in Sprache um.
Aber Spracherkennung reicht natürlich nicht aus, um Schulungen abzuhalten. Hier kommt die KI, insbesondere GenAI, ins Spiel: Im Hintergrund läuft ein großes Sprachmodell (Large Language Model, LLM). Es wird von Amazon Bedrock bereitgestellt. Das vortrainierte LLM erhält über RAG (Retrieval Augmented Generation) spezifische Kontext- und Produktinformationen. In Amazon Bedrock wird eine Wissensbank angelegt, die dann eine Amazon OpenSearch-Vektordatenbank mit den erforderlichen Dokumenten erzeugt. Wenn ein Benutzer eine Frage stellt, wird eine entsprechende Abfrage in der Vektordatenbank erstellt und die erforderlichen Informationen werden an das LLM gesendet, das daraus die beste Antwort generiert. Der Avatar verfügt daher jederzeit über die neuesten Informationen zum Fahrzeugmodell.
Die technische Architektur enthält u.a. die wichtigsten Hintergrundfunktionen: Die Benutzerauthentifizierung und -verwaltung erfolgt zum Beispiel mit Amazon Cognito. Die Benutzeroberfläche und die Interaktionslogik werden in einer Flask-Applikation gehostet, die auf einem ECS-Cluster (Container) ausgeführt wird. Flask bietet eine robuste Plattform für die Entwicklung interaktiver Webanwendungen. Diese Komponente kommuniziert mit den Backend-Diensten und zeigt den Benutzern die Schulungsinhalte an.
Das Herzstück der interaktiven Schulungserfahrung sind die Unreal Engine-Server, die auf G5 EC2-Instanzen ausgeführt werden. Diese Server rendern den digitalen Avatar und erzeugen eine realitätsgetreue, immersive Trainingsumgebung. Für das Rendering und um eine störungsfreie Funktion bei hohem Datenverkehr zu gewährleisten, werden mehrere Unreal-Server eingesetzt. Mithilfe der Pixel-Streaming-Funktion der Unreal Engine kann der Avatar in eine Webseite integriert und dort betrieben werden. Dadurch können Benutzer, die mit der Flask-App verbunden sind, auf den Avatar zugreifen, nachdem sie sich mit Amazon Cognito authentifiziert haben. Die AWS-Funktionen im Hintergrund sorgen für die Echtzeit-Kommunikation mit den Verkäufern – ohne lange Wartezeiten.
Die Schulungsteilnehmer können direkt mit dem Avatar sprechen, der natürliche Sprache verarbeitet und ausgibt. So entsteht ein persönlicher Dialog. Darüber hinaus können die Vertriebsmitarbeiter dank der Online-Verfügbarkeit dieser virtuellen Schulung ihre Schulungszeiten an ihren persönlichen Zeitplan anpassen. Der OEM flexibilisiert das Schulungskonzept und bietet seinen Mitarbeitern eine neue und intensive Lernerfahrung, unabhängig von der Verfügbarkeit von Trainern.
Für die Entwicklung des Avatars benötigte der Kunde keine KI-Vorkenntnisse. Das Team von T-Systems lieferte die Lösung aus einer Hand. Durch die Verwendung von vordefinierten Modulen war es möglich, innerhalb weniger Wochen einen ersten Prototyp zu erstellen, der mit internen Daten kontinuierlich optimiert wurde.