Alle diese Impulse haben auch enormen Einfluss auf die Art und Weise, wie Automobile entwickelt werden. In modernen Fahrzeugen werden Fahrassistenz-Systeme und Online-Mehrwertdienste immer leistungsfähiger, Fahrzeugelektronik, Bordsensoren und Bus-Systeme werden immer komplexer und sammeln immer mehr Daten. Diese Daten gilt es bei Testfahrten intelligent auszuwerten, um bei der späteren Serienproduktion höchste Qualitätsansprüche zu erfüllen. Auch bei der Mercedes-Benz AG – mit Fokus auf Dienstleistungen und der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Pkws und Vans – kamen die bestehenden Systeme an ihre Grenzen, um Daten aus Testfahrten zu erfassen.
Mercedes-Benz erhält mit dem neuen System eine bahnbrechende und zukunftsfähige Plattform, die die Arbeit der Entwicklungsingenieure deutlich beschleunigt und eine schnellere Time-to-Market ermöglicht. Die Ingenieure an den Entwicklungsstandorten erhalten nun innerhalb weniger Stunden Zugriff auf die Messdaten. Sie können zum einen sofort mit den Messergebnissen arbeiten, zum anderen Fehler direkt identifizieren und so eine erneute Testfahrt anstoßen. Damit sind sie näher am Test und die Entwicklungszyklen verkürzen sich. Die neue Lösung bringt noch einen weiteren Vorteil: Eine detaillierte Planung der Messung bzw. präzise Vorgaben für die zu erfassenden Messdaten sind nicht mehr nötig. Die Ingenieure haben jederzeit Zugriff auf den kompletten Messdatensatz und können ihn auch zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend spezifischer Fragestellungen auswerten.
Das schafft handfeste Kostenvorteile und ermöglicht einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Die Anzahl der Testfahrten sinkt, die Erprobungen werden effizienter – und erlauben nun datengetriebene Entscheidungen, die zuvor nur mit einem immensen Aufwand und weitaus mehr Vorlauf möglich waren. Die Ingenieure können ihre vertrauten Systeme weiterverwenden und zudem unterschiedliche Tools der Big Data Community einsetzen, denn die integrierte API erlaubt die einfache Kopplung mit BDSP. Die API bietet aber noch einen weiteren Vorteil: Sie erlaubt nun Auswertungen über die tatsächliche Nutzung der erfassten Daten. Die Einführung der neuen Architektur erleichtert Automobilherstellern obendrein die Zusammenarbeit mit Zulieferern und die Kontrolle über die Daten. Denn bislang erhielten die Zulieferer für ihre Analysen die Rohdaten und spielten ihre fertigen Analysen an den Original Equipment Manufacturer (OEM) zurück. Jetzt ist es möglich, dass die Zulieferer diese Analysen auch direkt auf dem System des Automobilherstellers verarbeiten können, so dass die Rohdaten das Haus nicht mehr verlassen müssen.
Es sind nun datengetriebene Entscheidungen möglich, die zuvor nur mit einem größeren Aufwand und weitaus mehr Vorlauf möglich waren.
Einer der Meilensteine in der Entwicklung von Fahrzeugen sind Testfahrten zur Dauererprobung. Dazu machen die Ingenieure in den Entwicklungsabteilungen konkrete Vorgaben, welche Daten erfasst werden sollen. Automobilhersteller schicken dazu zeitgleich eine Fülle von Prototypen neuer Modelle auf verschiedene Teststrecken – in die Wüste genauso wie ins ewige Eis – um deren Verhalten im 3-Schichtbetrieb unter die Lupe zu nehmen. Diese handgefertigten Fahrzeuge enthalten u.a. umfangreiche Messtechnik, die das Verhalten der verschiedenen Komponenten (auch der Software) während der Dauertests aufzeichnet. Während einer Schicht fallen etwa 10 bis 100 GB an Daten in verschiedensten Datenformaten an. Diese werden nach Abschluss der Testfahrt aus dem Auto in ein Data-Warehouse- und Messdaten-Management-System übertragen. Die Ingenieure an den Entwicklungsstandorten erhalten die Rohdaten via Fileshares und kopieren diese auf lokale Filesysteme. Dieses Vorgehen führt nicht nur zu einer erheblichen Datenredundanz, sondern auch zu deutlichen Zeitverlusten: Bis die Ingenieure Zugriff auf die Messergebnisse haben, vergehen auch mal mehrere Tage. Werden dann Fehler festgestellt, sind Autos und Fahrer schon an anderen Orten. Eine Reproduktion der Tests wird dadurch extrem aufwändig und kostenintensiv. Die Situation verschärft sich durch die aktuellen Entwicklungen in Richtung elektrisches und automatisiertes Fahren, die die erfassten Datenmengen in den TB-Bereich steigen lassen. Um zukünftig die Bereitstellungszeit für die Daten zu reduzieren, hat T-Systems ein neues Verfahren entwickelt.
T-Systems überzeugt Kunden mit einer leistungsfähigen End-to-End-Lösung, die den kompletten Prozess optimiert und die Nutzung der Daten „as a Service“ ermöglicht. Kernkomponenten der Lösung sind Edge-Computing-Ressourcen, eine zentrale Cloud-Plattform, die Hadoop/Spark-kompatible Software Big Data Signal Processing und das darauf basierende Federated-Spark-System. Nach der jeweiligen Testfahrt werden die Messdaten (Signale) via WLAN auf Big Data Cluster transferiert. Diese befinden sich auf den Edge-Computing-Ressourcen, die dauerhaft an den Teststandorten installiert sind. Sie werden von T-Systems gemanagt und betrieben. Auf den Systemen vor Ort ist auch Big Data Signal Processing (BDSP) installiert. BDSP prozessiert die Messdaten vor, d.h. die verschiedenen erhobenen Datenformate werden auf gängige Big-Data-Datenformate transkodiert.
Damit lässt sich für die Dekodierung und die nachfolgende Analyse eine bis zu 40-fach schnellere Verarbeitung als mit konventionellen Werkzeugen erreichen. Denn BDSP ermöglicht die parallele Interpretation der erfassten Messergebnisse aus verteilten, binären oder textuellen Trace-Dateien. Im praktischen Einsatz werden die Daten in ihrer Größe bis zu 90 Prozent reduziert. BDSP unterstützt auch das Resampling und Tagging von Signalen und verfügt über eine API, die den Anschluss an andere Systeme erlaubt. Der Edge-Teil der Lösung wird ergänzt durch eine zentrale Cloud mit einem Federated-Spark-System. Dieses System erlaubt den Ingenieuren den Zugriff auf die Messdaten – unabhängig davon, wo diese liegen. Das Federated-Spark-System identifiziert automatisch die Daten für die Entwickler. Die Entwickler finden aber nicht nur die passenden Daten, sondern stoßen über die Cloud auch die entsprechenden Auswertungen auf den Edge Servern an. Das heißt, dass nur Anweisungen und Ergebnisse zwischen den Teststandorten und den Arbeitsplätzen der Entwickler übertragen werden müssen, nicht mehr die kompletten Rohdatensätze. Damit entfällt ein kostenintensiver Ausbau des MPLS-Netzes.
Die Messdaten werden bereits verschlüsselt im Fahrzeug abgelegt und bleiben zu jedem Zeitpunkt hoch verschlüsselt und abgesichert. Das gilt auch für die Transport-Layer inklusive der Transportprotokolle zwischen Fahrzeug und Edge-Ressourcen sowie für die Zugänge zu den Netzwerken.