Noch vor wenigen Jahren war Robotic Process Automation (RPA) das Paradebeispiel für Effizienz am Arbeitsplatz: Software-Roboter, die für häufig wiederkehrende, regelbasierte Aufgaben wie das Verschieben von Kundendaten von einer Datenbank in eine andere oder das automatische Versenden von E-Mails an Kunden eingesetzt werden. Dann kamen große Sprachmodelle (LLMs), die es Maschinen ermöglichten, unstrukturierte Eingaben zu verarbeiten und Antworten aus Daten selbst zu ziehen, was intelligentere Wege eröffnete, Entscheidungen zu automatisieren und Zeit zu sparen. Jetzt sind KI-Agenten im Einsatz und versprechen Unternehmen reibungslosere Abläufe und schnellere Ergebnisse. Laut einer aktuellen US-Umfrage geben fast vier von fünf Organisationen an, KI-Agenten in mindestens einem ihrer Arbeitsabläufe integriert zu haben – obwohl die meisten noch herausfinden, wie sie von Experimenten zu einem unternehmensweiten Nutzen übergehen können. Die bevorstehende Herausforderung: herauszufinden, wie Process Intelligence dort Wirkung entfalten kann, in denen noch immer Altsysteme dominieren.
Im Allgemeinen ist ein Agent ein System, das autonom handeln kann. Agentische Systeme gibt es schon seit geraumer Zeit. Denken Sie nur an RPA, fahrerlose Autos oder sogar Thermostate. Auch sie nehmen ihre Umgebung wahr und treffen Entscheidungen ohne ständige menschliche Aufsicht. Doch der Aufstieg von LLMs hat diesen Systemen eine besondere „Würze“ verliehen, eine neue Art von Intelligenz: Die Fähigkeit zu denken, zu handeln und zu beobachten, um Kontexte zu interpretieren, Ziele zu verstehen und Maßnahmen zu planen. Im Gegensatz zur klassischen Automatisierung verfolgen KI-Agenten ihre eigenen Ziele und orchestrieren Arbeitsabläufe. Sie greifen auf Werkzeuge und Datenquellen zu, arbeiten nahtlos mit Menschen und anderen Agenten zusammen und lernen aus deren Ergebnissen. Im Kern geht es nicht nur um Automatisierung – es geht um echte Prozessintelligenz, die sich durch das Unternehmen zieht.
KI-Agenten erleichtern den Alltag, indem sie komplexe, urteilsbasierte Aufgaben übernehmen, große Informationsmengen sortieren, uns bei schneller Entscheidung helfen und Dienstleistungen personalisieren. Das schafft mehr Zeit für das, was uns wichtig ist. Aber der eigentliche Vorteil liegt in ihrer Fähigkeit, kontinuierlich zu lernen und sich anzupassen, selbst in dynamischen Umgebungen, wodurch Abläufe in der gesamten Organisation weiter optimiert werden. Ein Beispiel ist die enorme technische Komplexität des Netzes der Deutschen Telekom: Tausende von Servern, Kabeln und Antennen, die über verschiedene Frequenzbänder senden – alle laufen mit der Geschwindigkeit und dem Umfang von 5G. Die eigentliche Herausforderung bestand darin, problematische, überlastete Zellen zu erkennen und die Leistung anzupassen, um Serviceprobleme zu vermeiden: Der RAN Guardian-Agent2 setzt genau hier an, indem er das Funkzugangsnetz (RAN) rund um die Uhr überwacht. Es funktioniert als Multi-Agenten-System, was bedeutet, dass mehrere spezialisierte Agenten zusammenarbeiten, um eine optimale Netzwerkleistung zu gewährleisten.
Ein Beispiel: Der Agent durchsucht öffentliche Quellen wie soziale Medien, identifiziert bevorstehende Veranstaltungen in Deutschland und klassifiziert sie nach Größe und Ort. Anschließend greift ein weiterer Agent in den Prozess ein und prüft, wie gut das Mobilfunknetz den Datenverkehr während jedes Ereignisses bewältigen kann und schlägt bei Bedarf Optimierungsmaßnahmen vor. Schließlich kann ein zusätzlicher Agent Anpassungen vornehmen, z. B. durch Umverteilung von Netzwerkressourcen, und dokumentiert den gesamten Prozess, um das Netzwerk für zukünftige Ereignisse weiter zu verbessern und zu optimieren. Der RAN Guardian-Agent verwendet mehrere Datenquellen und arbeitet mit modernen KI-Modellen wie Google Gemini 2.0. Wenn ein Gebiet ruhiger wird, reduziert die KI die Kapazität dort und spart so Energie. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einem „selbstheilenden“ Mobilfunknetz.
Oder nehmen wir unseren AI Engineer, der Softwareentwickler unterstützt. Der Agent ist versiert in modernen Programmiersprachen wie Python und TypeScript, aber auch in älteren Sprachen wie COBOL oder C++, und unterstützt Entwickler bei der Generierung, beim Testen und Dokumentieren von Codes. Damit können Anwendungen, die früher Monate in der Entwicklung benötigten, innerhalb von Minuten programmiert werden. Denn in der Softwareentwicklung liegt die Magie nicht im Programmieren; sondern es geht darum zu verstehen, was der Kunde will, welches Problem mit dem Code gelöst werden soll und wie er in das bestehende IT-System passt – und Entwickler können sich genau darauf konzentrieren.
Im Kern geht es nicht nur um Automatisierung – es geht um echte Prozessintelligenz, die sich durch das Unternehmen zieht.
Frederick Peters, Chapter Lead im Digital Enabler Team bei T-Systems
Der Haken ist, dass die meisten Unternehmen immer noch stark auf alte IT-Systeme setzen: zentrale Bankensysteme, ERP-Module, Personaldatenbanken – viele davon wurden vor etwa 20 Jahren entwickelt. Diese Systeme sind zuverlässig, aber unflexibel. Sie wurden nicht dafür gebaut, Daten an Machine-Learning-Modelle zu liefern, geschweige denn, um mit KI-Agenten zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig investieren Unternehmen stark in KI-Systeme, um steigenden Kundenerwartungen gerecht zu werden, Prozesse zu automatisieren und die Produktivität zu steigern. Das schafft eine komplizierte Mischung: Alte Systeme sind starr und isoliert, während KI Daten, Transparenz und Struktur benötigt, um effektiv zu sein. Es ist kein Wunder, dass 85 % der Unternehmen zugeben, dass sie Schwierigkeiten haben, KI effektiv zu skalieren.3
Und die Lücke wächst und wächst, besonders da LLMs das Potenzial von KI immerfort erweitern. Analysten prognostizieren, dass bis 2028 ein Drittel der Unternehmenssoftware KI-Agentenfunktionen enthalten wird.4 Aber die Realität ist: Altsysteme verschwinden nicht. Wie können Unternehmen diese Lücke schließen und KI-Agenten in ihre bestehende IT-Umgebung integrieren?
Um eine solide Grundlage für agentische KI zu schaffen, müssen Unternehmen die Orchestrierung meistern. Das bedeutet, dass Aufgaben und Informationen nahtlos weitergegeben werden, Entscheidungsfindung transparent bleibt und Prozesse von Anfang bis Ende ohne Unterbrechung ablaufen. Dies ermöglicht es, KI-Agenten in bestehende Arbeitsabläufe zu integrieren. Alte Systeme bleiben bestehen, erhalten aber einen intelligenten Layer, der Transparenz, Flexibilität und Kontrolle ermöglicht. Zum Beispiel: Eine dringende Kundenanfrage kommt rein, die KI analysiert sofort den Kontext und übergibt genau die richtigen Teile an die alte HR-Datenbank für Aufzeichnungen oder an das ERP für Lieferdaten – alles in Echtzeit. Währenddessen greifen Menschen nur dann ein, wenn ihre Fachwissen gefragt wird oder eine Entscheidung erforderlich ist.
Anstelle von Silos sorgt Orchestrierung für einen reibungslosen Ablauf. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere HRCules, eine KI-gestützte HR-Plattform bei der Telekom. Das gesamte fragmentierte HR-Ökosystem musste modernisiert werden, indem ein 15 Jahre altes IT-System ersetzt wurde, ohne die Geschäftsabläufe zu stören. Mit der Pega-Plattform, die KI und Low-Code-Funktionen kombiniert, haben wir eine Orchestrierungsschicht zwischen alten und neuen Systemen aufgebaut. Das führte zu einer Effizienzsteigerung der HR-Abläufe um rund 80 %, was zu schlankeren, transparenteren Prozessen und deutlich erhöhter Mitarbeiterzufriedenheit führte. Dieses Projekt zeigt, wie Unternehmen die Grundlagen für agentische KI legen können.
Das Potenzial ist offensichtlich, doch die eigentlichen Treiber für Fortschritt und verantwortungsvolle Nutzung wirken im Hintergrund.
KI bleibt ein existenzielles Thema für unsere Wirtschaft und jedes einzelne Unternehmen. Dank unserer strategischen Partnerschaften und umfangreichen Erfahrung in der Realisierung von KI- und Automatisierungsprojekten für unsere Kunden in verschiedenen Branchen sind wir bereit, Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Zukunft im agentischen Zeitalter zu unterstützen. In enger Partnerschaft mit NVIDIA und SAP haben wir kürzlich einen entscheidenden Meilenstein für die digitale Souveränität Deutschlands und Europas angekündigt: In München bauen wir eine der größten und modernsten KI-Fabriken Europas, die Industrial AI Cloud. Sie wird mit 10.000 NVIDIA-GPUs der neuesten Generation (Blackwell) ausgestattet sein, und damit erhöhen wir die KI-Rechenleistung in Deutschland um etwa 50 Prozent. Bereits Anfang 2026 werden Großunternehmen, der Mittelstand und öffentliche Behörden unsere KI-Fabrik für verschiedene Anwendungen nutzen können: Zur Simulation von Produktionsanlagen, Crashtests, zur Durchführung digitaler Windkanaltests für Autos und Flugzeuge, zur Ausbildung von Robotern oder zur Entwicklung und zum Betrieb eigener KI-Modelle. Die Industrial AI Cloud ist in unser T Cloud-Ökosystem integriert und gewährleistet vollständige Datensouveränität sowie die Einhaltung der strengsten nationalen und europäischen Vorschriften.
1 PwC’s AI Agent Survey, 2025, pwc.com
2 https://www.telekom.com/en/media/media-information/archive/ai-agents-for-mobile-network-1099054
3 The Automation Gap: Making Legacy Systems And AI Work Together, Jakob Freund, 2025, Forbes Technology Council
4 Gartner Predicts Over 40% of Agentic AI Projects Will Be Canceled by End of 2027, 2025, gartner.com
Driving Efficiency With Agentic AI, Saurav Gupta, 2025, business-reporter.co.uk.