Autonutzer verstehen ihr Fahrzeug verstärkt als Teil ihres digitalen Servicesystems. Sie wollen alle Dienste „an Bord“ bruchfrei nutzen. Eine Herausforderung für die Automotive-Hersteller, aber auch eine einmalige Chance. Welche Komponenten sind notwendig, um eine Plattform für das Fahrzeug der Zukunft zu bauen, die die Bedürfnisse verschiedener Nutzer abbildet?
In diesem Post versuche ich, wieder auf dem Boden der Tatsachen zu landen und die Zukunft der vernetzten Mobilität von heute aus zu entwickeln. Ich möchte dabei zwei Perspektiven zusammenführen: zum einen die Trends, die den Markt gestalten – oder mit anderen Worten: Was wollen die Fahrzeugnutzer, was erwarten sie von ihrem nächsten Wagen? Zum anderen will ich einen Blick darauf werfen, wohin sich die Autos entwickeln müssen. Heißt: Welche Technologien und Konzepte brauchen Automobilhersteller für ihre Produkte?
Lassen Sie uns zuerst einen Blick auf die Automobilnutzer werfen. Denn ihren Ansprüchen müssen die Autos der Zukunft genügen.
Vor einigen Jahren machten Untersuchungen die Runde, wonach vor allem junge Menschen zunächst ans Smartphone dachten, wenn man sie auf Mobilitätslösungen ansprach – anstatt mit „Auto“ zu antworten. Zugegeben, diese Erkenntnis hat inzwischen Staub angesetzt, aber inmitten der Staubschicht glitzert das berühmte Körnchen Wahrheit: Die Maxime lautet nicht „Smartphone statt Auto“, sondern „Smartphone plus Auto“, wie die WELT schon 2013 schrieb. Oder vielleicht noch besser: das „Auto als Smartphone“.
Zusammenfassend: Digitale Dienste werden zu Kaufkriterien für das Auto. Das bestätigt u.a. auch eine Bitkom-Studie: Wir müssen lernen, das Auto mehr als ein vernetztes Device innerhalb eines Verbunds von Endgeräten zu verstehen. Es muss so einfach zu nutzen sein wie ein Smartphone und es braucht dieselbe Funktionalität. Und denselben Ökosystem-Ansatz. Klingt das jetzt nach Manager-Sprech?
Dann hilft ein Beispiel: Wenn ich auf meinem iPhone eine neue App installiere, dann möchte ich sie möglicherweise auch auf meiner iWatch nutzen. Dazu brauche ich keinen großen Installationsvorgang. Ein simpler Knopfdruck reicht, um die App auch auf meiner iWatch zu nutzen. Stellen Sie sich nun vor, Sie ersetzen die iWatch durch Ihr Auto. Würden Sie sich nicht auch wünschen, dass es so einfach wäre, die iPhone-App ins Auto zu bringen?
Statt den Nutzer in seiner App-Welt abzuholen, bieten Automotive-OEMs aber ihr eigenes abgeschlossenes Ökosystem. Warum jedoch sollte der Käufer noch viel Geld für ein Navigationssystem ausgeben, wenn er auch ganz einfach die leistungsfähige Navi-App seines Smartphones kostenlos nutzen kann? Alle Services des volatilen App-Universums wie TikTok & Co sind auf dem Mobiltelefon einfach verfügbar. Das Auto bleibt außen vor und verharrt auf seinem Evolutionsstatus als Fortbewegungsmittel.
„Die Gretchenfrage lautet: Könnte sich eine „neue Einfachheit“ der digitalen Nutzung im Auto letzten Endes nicht als ein Wettbewerbsvorteil erweisen?“
Die Antwort klingt einfach: Auf zum software-definierten Auto! Die Differenzierung und ein erheblicher Teil des Mehrwerts eines Autos entstehen zukünftig auf der virtuellen/digitalen Ebene.
Sechs Voraussetzungen sind dafür relevant:
Digitalisierung ist überall: Vernetzte Verbraucher erwarten vernetztes Fahren. Vernetztes Fahren bedeutet Integration der „Autozeit“ in die „Lebenszeit“ außerhalb des Autos. Eine intelligente Fahrzeugplattform muss diese Aufgabe meistern. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung des Wagens. Zukünftige vernetzte Fahrzeugplattformen werden zu 360-Grad-Serviceplattformen. Sie sind die Basis für eine Fülle verschiedener Dienste – die auch über das Auto selbst hinausgehen. Zunächst werden individueller Kundendienst, Flotten- und individuelles Fahrzeugmanagement abgedeckt. Dazu pflegen sie die Kundenbeziehung und bieten einen Feature-on-Demand-Marktplatz. Zuletzt bieten sie den Zugriff auf Ökosystemdienste von Automobilherstellern und Drittanbietern. Sie werden zu einer digitalen Kundenschnittstelle, einem In-Car-Shop, der zu verschiedenen Angeboten führt und das Design neuer Geschäftsmodelle erlaubt.
Welche Komponenten und welche Architektur sind notwendig, damit OEMs ihren Kunden eine solche Plattform anbieten können?“