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Gibt’s ein Rezept für digitale Ethik?

Der AI Act der EU beweist: Im Gesundheitsbereich ist digitale Ethik geschäftskritisch. Was wir jetzt tun müssen

23. Juni 2022Steffen Kuhn

E-Health mit Ethik: Wie funktioniert‘s?

Wer digitalisiert und Technologien wie künstliche Intelligenz einsetzt, muss sich mit ethischen Fragenstellungen auseinandersetzen. Unternehmen sollten nicht nur die Technik beherrschen, sondern auch deren Folgen abschätzen können. So wie es längst Sicherheit-by-Design gibt, muss Ethik-by-Design die Regel werden. Besonders die Gesundheitsbranche muss unerwünschte Nebenwirkungen von KI und Big Data verhindern.  

Technologie als Medikament

Zwei Roboterhände halten ein gefaltetes Papier.

Nutzen Sie ein Bonus-Programm Ihrer Krankenkasse und werden belohnt, weil sie mit ihrem Smartphone nachweisen können, dass Sie regelmäßig joggen? Und finden Sie das Angebot ethisch korrekt? Ich habe nichts auszusetzen. Diese Sportangebote sind ethisch einwandfrei, weil sie mit Unterstützung moderner Technologie die Extrameile belohnen, nicht ein Defizit diskriminieren. Schon sind wir im Thema: Mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens verschiebt sich der Schwerpunkt der Versorgung von der herkömmlichen Therapie hin zu Prädiktion, Prävention und Präzisionsmedizin. Moderne Technologien wie KI oder Big Data sind ein Segen, weil sie neue Behandlungsmethoden eröffnen. Dennoch haben viele Menschen Vorbehalte. Wenn wir jedoch vorab prüfen, ob ihr Einsatz ethisch korrekt ist und wir ein stärkeres Bewusstsein für ethische Fragen entwickeln, dann hilft das, die Akzeptanz disruptiver Technologien zu stärken. Und KI wird zum wirksamen Medikament.

Wenn künstliche Intelligenz Ängste weckt, müssen wir darüber diskutieren, wie ein ethischer Rahmen für ihre Nutzung aussehen kann.

Tim Höttges 


Digitale Technologien als Medizin

Was können digitale Technologien bereits? Smartphones erkennen dank maschinellem Lernen Demenz, Autismus oder Covid-19, KI entdeckt Tumore im Frühstadium, vernetzte Herzschrittmacher senden automatisiert Warnmeldungen an die behandelnden Ärzt*innen. Mit digitalen Technologien lassen sich medizinische Therapien entwickeln, die auf die Erkrankten, ihr Genom und ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Augmented Reality und Robotik erlauben Fernoperationen. Laut der International Federation of Robotics soll der weltweite Umsatz für Medizinroboter in diesem Jahr auf 11,3 Milliarden Dollar anwachsen – das ist mehr als eine Verdopplung gegenüber 2019. Und was haben all die genannten Gesundheitslösungen gemeinsam? Sie brauchen allesamt Patientendaten. Da diese Infos sehr sensibel sind, spielen Datenschutz und Anonymisierung eine große Rolle. Transparenz ist oberstes Gebot. Es muss immer klar sein, welche Informationen wofür verwendet werden dürfen.

Gefragt: Immunsystem für Daten

Damit bewegen wir uns auf dem Terrain der digitalen Ethik. Aber was heißt das genau? Unternehmen, die die Chancen der Digitalisierung nutzen möchten, müssen sich ethisch verhalten. Müssen sich mit den moralischen Folgen des digitalen Wandels für Individuen wie Gesellschaft befassen und einem umfassenden Wertesystem folgen. Sonst riskieren sie Reputations- und Haftungsschäden. Ihre Regelwerke umfassen beispielsweise Datenschutz und IT-Sicherheit, Persönlichkeitsschutz, den Schutz von Privatheit sowie die Autonomie von Individuen. Solche Unternehmen und Institutionen machen transparent, welche Daten sie für KI-Anwendungen verwenden. Denn sie möchten mögliche Verzerrungen und damit Benachteiligungen bestimmter Personengruppen verhindern. Sie entwickeln „Digitale Ethik“-Guidelines für ihre Mitarbeitenden, Entwicklungsteams und Dienstleister. Und bevor sie digitale Lösungen zur Verbesserung der Gesundheit einsetzen, scannen sie, ob diese mit ethischen Grundsätzen kollidieren.

Was droht bei ethischen Verstößen?

Digitale Ethik ist kein Beiwerk, sondern längst geschäftskritisch.  

  • Nur wertebasierte Unternehmen erwerben das Vertrauen von Kunden, Geschäftspartnern und Investoren.
  • Bei Gesetzesverstößen haften Unternehmen nicht nur, auch ihre Reputation nimmt Schaden – ein auf Dauer noch drastischerer Effekt.

Bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes oder bis zu 20 Millionen Euro sieht die Datenschutz-Grundverordnung bei einem Verstoß vor. Und nicht nur der Healthcare-Bereich muss sich für weitere Regulierungen wappnen. Weil Expertinnen und Experten in KI-Anwendungen eine große Bewährungsprobe für den Datenschutz sehen, hat die Europäische Kommission im April 2021 den Gesetzesentwurf für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz vorgelegt, der Verstöße mit bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes ahnden will. Dieser EU-AI-Act soll bis 2024 alle KI-Einsätze regulieren und in Sicherheitsklassen eingruppieren.

Entwicklung einer digitalen Ethik

Mit Blick auf die digitale Ethik sollten Unternehmen jeder Branche folgende Fragen beantworten können:

1. Welche Technologien könnten sich in Zukunft auf die Unternehmensethik und Reputation auswirken und wie lassen sich solche Bedrohungen identifizieren?

2. Wie definiert das Unternehmen den eigenen ethischen Standard – über Gesetze und Vorschriften hinaus? Wie lässt sich ein unternehmensweites Bewusstsein schaffen?

3. Wie müssen praxisnahe Anleitungen und Standards für Mitarbeitende aussehen, die mit neuen Technologien arbeiten?

4. Wie lassen sich Technologien überprüfen, um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit der eigenen Unternehmensethik stehen?

Beim Thema digitale Ethik und datenzentrierte Innovation sollte der Compliance-Bereich eine Schlüsselrolle übernehmen und ein gesetzeskonformes Compliance-Framework entwickeln, das Werte und Gesetze in praxisnahe Handlungsanweisungen übersetzt.

So bauen Sie ein Compliance-Framework 

  • Identifizieren und analysieren Sie potenzielle Risiken neuer Technologien und Verfahren für Haftung oder Reputation
  • Definieren Sie Leitlinien und Prinzipien 
    Entwickeln Sie ein Zielbild für den Umgang mit Technologien. Dieses Zielbild skizziert Prinzipien, welche auf der Gesetzesgrundlage, aber auch auf unternehmenseigenen Werten basieren.
  • Gestalten Sie anwenderfreundliche und praxisnahe Maßnahmen, Tools und Methoden 
    Unternehmen müssen ihre Leitlinien in die Praxis übertragen. Achten Sie auf klare Handlungsanweisungen, nutzen Sie kreative Methoden: Unternehmen müssen ihre Leitlinien in die Praxis übertragen. Achten Sie auf klare Handlungsanweisungen, nutzen Sie kreative Methoden: Chatbots leisten schnellere Beratung als Handbücher.
  • Entwickeln Sie Überprüfungsmaßnahmen 
    Sie müssen jederzeit prüfen können, ob die zuvor festgelegten Richtlinien auch tatsächlich in die jeweilige Technologie implementiert wurden. Denkbar sind ethische Siegel für den Umgang mit KI.

Compliance als Treiber für datengetriebene Innovation?

Erfahren Sie, worauf es wirklich ankommt und wie Sie datengetriebene Innovationen effektiv und rechtskonform vorantreiben können.

Wann dürfen wir der KI vertrauen?  

Immer wenn es um sensible Daten und Systeme geht, ist Ethik-by-Design künftig ein Muss. Ethik ist die Voraussetzung für die gesellschaftliche Akzeptanz einer Marke und ihrer digitalen Produkte und Services. Unternehmen punkten nicht allein mit innovativen Produkten, sondern zunehmend mit ihrem Wertesystem. Und müssen sich daher mögliche Fallstricke moderner Technologien bewusst machen: Gerade KI ist ein spannendes Thema. Weil sie unglaubliche Möglichkeiten bietet und wir sie dennoch einhegen müssen. Wie das genau funktioniert, warum Unternehmen Leitlinien für ihre smarten Algorithmen brauchen und welche Fehler eine KI machen darf, verrät Ihnen mein Kollege Pavol Bauer in seinem lesenswerten Blogbeitrag.

Wenn Sie wissen wollen, wo in Ihrer Firma die White Spots sind, dann kommen Sie gerne auch direkt auf mich zu: Steffen.Kuhn@detecon.de.

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Steffen Kuhn, Managing Partner

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