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Was ist die Zukunft des Quantencomputers?

Schon jetzt lösen Unternehmen mit Quantencomputing anspruchsvolle Optimierungsaufgaben. Was bringt die Zukunft?

13. Januar 2022Dr. Bert Klöppel

Wie verändert Quantencomputing die Zukunft?

Ob in der Logistik, in der Produktion oder für die optimale Zusammenstellung von Anlageportfolios in der Finanzindustrie: Quantencomputer können Unternehmen in vielen Branchen helfen, komplexe Aufgaben zu lösen mit Optimierungsszenarien als wichtigem Einstieg – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Geschwindigkeit ist nicht alles

blaue Linien ergeben optisch einen würfelformiges Konstrukt

Von der sekundenschnellen Optimierung von Logistik-Planungen bis zur rasanten Simulation biochemischer Prozesse für neue Medikamente: Wer die Fortschritte der Leistungsfähigkeit von Quantencomputern verfolgt, könnte den Eindruck gewinnen, es gehe in diesem Forschungsbereich ausschließlich um Geschwindigkeit. In regelmäßigen Abständen überbieten sich Forschungseinrichtungen und Digitalkonzerne bei ihren Berechnungen mit neuen Höchstwerten. Das Ziel: Quantenüberlegenheit. Also der Moment, in dem ein Quantencomputer eine Aufgabe lösen kann, an der ein herkömmlicher Hochleistungsrechner aus Zeitgründen scheitern würde. Spektakulär, aber in der Regel irrelevant – zumindest mit Blick auf die unternehmerische Praxis. Jenseits des Hypes um das technologische Wettrüsten können Unternehmen Quantencomputing aber schon jetzt einsetzen, um spezielle Prozesse zu verbessern. Dafür kommen sogenannte Quantenoptimierer zum Einsatz, die auf Basis von Quanten-Annealing kombinatorische Optimierungsprobleme lösen.

Wenn die Quanten den Rucksack packen

Quanten-Annealing ist ein Verfahren, bei dem Algorithmen näherungsweise das globale Minimum einer festgelegten Zielfunktion suchen. Klingt abstrakt, eignet sich aber sehr gut für die Lösung spezieller Optimierungsaufgaben. Ein Beispiel: Das Rucksackproblem – eine klassische Zwickmühle in der Logistik. Eine Reihe von Gegenständen mit unterschiedlichen Gewichts- und Wertangaben sollen so in einem Rucksack verstaut werden, dass der höchstmögliche Wert entsteht, ohne ein gewisses Maximalgewicht zu überschreiten. Eine Aufgabe, die mit steigender Anzahl von Variablen immer komplexer wird.

Ersetzt man den Rucksack durch eine große LKW-Flotte und die Gegenstände durch viele verschiedene Gütervarianten, bekommt man eine Ahnung davon, wieso die Rechenleistung eines herkömmlichen Computers für gewisse Aufgaben nicht mehr reicht. Über den Weg der fundamentalen Quanten-Eigenschaften wie Unschärfe und „Tunneling“ findet ein Quantenoptimierer in solchen komplexen Möglichkeitsräumen sehr schnell eine Lösung, die – zumindest näherungsweise – dem Idealwert entspricht; insgesamt also schneller eine bessere Lösung nahe dem theoretischen Optimum.

Ausschussprodukte waren gestern

Unternehmen können auf Basis von Quanteneffekten nicht nur komplexe Fragestellungen der Logistik beantworten, sondern auch spezielle Probleme in der Produktion lösen. Die besonderen Eigenschaften der Technologie helfen etwa bei der Qualitätssicherung, wenn in der Fertigung die optimale Paarung von Bauteilen gesucht ist. Viele Unternehmen müssen produktionsbedingte Abweichungen wie zum Beispiel eine zu tief gebohrte Lagerrolle als Ausschuss verbuchen. Mit Mix Sigma haben T-Systems, die Telekom Innovation Laboratories (T-Labs) und OSRAM eine Methode entwickelt, mit der solche Teile trotzdem zu qualitativ hochwertigen Baugruppen kombiniert werden können. Bei dem Verfahren werden sämtliche Bauteile zunächst analysiert und eingelagert. Der Mix-Sigma-Algorithmus identifiziert schließlich die optimalen Paarungen und erstellt einen Ablaufplan – er ordnet die zu tief gebohrte Lagerrolle automatisch einer Lagernabe zu, die zu lang geraten ist.

Den richtigen Rahmen finden

Letztlich bietet sich der Einsatz von Quanten-Optimierern als Einstieg in der Welt der Quantencomputer für viele wirtschaftlich relevante Herausforderungen an: Von der dynamischen Portfoliozusammenstellung im Finanzbereich über die Optimierung von Smart-Grid-Infrastrukturen bis hin zur Optimierung in der Logistik. Voraussetzung: Der Aufgabe muss eine kombinatorische Problemstellung zugrunde liegen, um das Potenzial der Technologie voll auszuschöpfen. Das erfordert wiederum gewisse Rahmenbedingungen. Aufgrund der zeitlich begrenzten Rechendauer (Kohärenzzeit) müssen sich die erforderlichen Berechnungen innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde umsetzen und leicht wiederholen lassen – nur durch mehrfache Berechnungen erzielen Quanten-Algorithmen aussagekräftige Ergebnisse. Das zu lösende Problem muss sich zudem mathematisieren lassen und auf die gegebene Q-Bit-Anzahl passen. Darüber hinaus stellen die Ergebnisse der Berechnungen immer nur eine Annäherung an das Optimum dar.

Wie profitiert KI von Quantencomputing?

Mann schaut auf ein Tablet, auf welchem digitale Würfelformen erkennbar sind

Wenn die Rahmenbedingungen für einen Anwendungsfall stimmen, können Unternehmen schon heute erstaunliche Ergebnisse auf Basis von Quantenoptimierung erzielen. Trotzdem sind die Möglichkeiten dieser Technologie noch lange nicht ausgeschöpft. Vor allem in den möglichen Synergien zwischen Quantencomputing und Künstlicher Intelligenz (KI) steckt viel langfristiges Potenzial. Dabei stoßen die Forscher derzeit aber noch auf große Hürden: Komplexe KIs mit Deep-Learning-Fähigkeiten arbeiten oft mit Millionen von Neuronen. Das sind Mengen, die sich derzeit nicht mal näherungsweise auf einem Quantencomputer abbilden lassen. Darüber hinaus braucht Künstliche Intelligenz viele Daten– für deren Transfer hat ein Quantencomputer aufgrund seiner kurzen Rechenintervalle aber gar keine Zeit.

Vorteilhaft für Quanten-KI ist dagegen, dass neuronale Netze, mit denen heute vielfach in KI gearbeitet wird, gerade ziemlich stabil gegenüber Fluktuationen (Rauschen) sind . Einer der Nachteileile der Quanten-Technologie ist gerade hier nicht so gravierend. Dies ist heute allerdings noch reine Forschung. Mittelfristig dürften daneben auch Chiptechnologien an Bedeutung gewinnen, die gegebenenfalls auch bei Raumtemperaturen spezielle Quanteneffekte nutzen und KI-Verfahren punktuell beschleunigen und nicht, wie bei kommerziellen Computern üblich, nur unter ultra-kalten Temperaturen (unter minus 270 Grad C).

Die Einsatzmöglichkeiten steigen

Obwohl Quantencomputing gerne ein disruptives Potenzial zugesprochen wird, ist eher davon auszugehen, dass sich die Technologie in Zukunft als wichtige Ergänzung in der IT-Welt etablieren wird. Während schon jetzt viele anwendungsbereite Business Cases für die Quantenoptimierung existieren, werden Wissenschaftler noch einige Zeit mit der Weiterentwicklung von universellem Quantencomputing beschäftigt sein. Unser Ziel wird es in Zukunft sein, die Vorteile der Technologie für Unternehmen besser zugänglich zu machen. Dabei sind sowohl Modelle wie Quantum Infrastructure as a Service (Q-IaaS) als auch Quantum Application as a Service (Q-Application-aas) zusammen mit Beratung und praktische Erprobung rund um das Thema wichtige Bausteine. Sicher ist, dass Quantencomputing mit fortschreitender Entwicklung vielfältiger wird und wir immer wieder neue Lösungsansätze zu Überwindung der bisherigen Grenzen sehen werden – das Rennen um die technologische Deutungshoheit hat gerade erst angefangen.

Zur Person
Dr. Bert Klöppel, Principal Enterprise Architekt & Data Scientist

Dr. Bert Klöppel

Principal Enterprise Architekt & Data Scientist, T-Systems

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